„Wenn ein verantwortungsloser Kardinal irgendwelchen Schwachsinn irgendwelcher Verschwörungstheorien nachredet, einen Unsinn, den er offenbar selber nicht durchschaut, stehen unsere Antisemitismus- Beauftragten Dr. Felix Klein und Michael Blume („Religions-Experte“) sofort auf der Matte und belehren uns über Mythen, die nur Menschen vertreten können, die entweder Argumenten und Fakten nicht zugäng- lich sind oder einfach nur menschenverachtend sind?“
Am Dienstag hatte der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, gegenüber katholisch.de betont: "Kardinal Müller hat mit seiner Äußerung klar antisemitische Chiffren bedient. Das war vor allem angesichts der derzeit aufgeheizten Stimmung verantwortungslos und nicht akzeptabel." Zuvor hatte sich bereits die DBK ver - wundert über die Aussagen Müllers geäußert. Der Stuttgarter Religionswissenschaftler Michael Blume verwies auf seine Warnungen davor, "dass auch kirchliche Autoritäten wie - der Verschwörungsmythen verbreiten werden". Die Schwelle dazu sehe er "bei Kardinal Müller jetzt erreicht" , sagte Blume.
Bundesrepublik Deutschland, ab September 2018
"Joachim Langs Mackie-Messer-Film verbreitet dreiste Lügen". "In frei erfundenen Szenen stellt er [der Film den Protagonisten Nebenzahl] als schmierigen Geschäftsmann dar – so haben schon die Nationalsozialisten den jüdischen Filmproduzenten gebrandmarkt, bevor sie ihn im März 1933 verjagt und seine Filme verboten haben – was notabene Lang ebenso verschweigt wie die Tatsache, dass Nebenzahl einige der bedeutendsten deutschen Filme der Weimarer Republik produziert hat." (Helmut G. Asper, Dreigroschenheft 1/2021)
Der Film erhielt von der FBW das Prädikat „Besonders wertvoll“
Vielleicht ist die Darstellung des Seymour Nebenzahl eine stereotype oder eine im Sinne der Dramaturgie stehende funktionalistische, die aber keinesfalls auf seinen Glauben rekurriert. Eine antisemitische Tendenz haben unsere Jurymitglieder daher nicht gesehen – ebenso wenig ist eine sol- che Tendenz in der Filmkritik abgebildet. (Gregory Mohr, FBW, 26. Februar 2021 in seiner Antwort an Jan Knopf)
Antisemitismus muss auf den Glauben rekurrieren? Wir meinen: keinesfalls, weil das absolu- ter Unsinn ist. Wir erhalten immer mehr den Eindruck, dass diejenigen, die sich hauptamtlich mit Antisemitismus beschäftigen gar nicht wissen, was das ist: Antisemitismus.
Geht es um jüdischen Glauben oder jüdisches Leben in Deutschland?
Wenn ein verantwortungsloser Kardinal irgendwelchen Schwachsinn irgendwelcher Verschwörungstheorien nachredet, einen Unsinn, den er offenbar selber nicht durchschaut, stehen unsere Antisemitismus-Beauftragten Dr. Felix Klein und Michael Blume („Religions- Experte“) sofort auf der Matte und belehren uns über Mythen, die nur Menschen vertreten können, die entweder Argumenten und Fakten nicht zugänglich sind oder einfach nur men- schenverachtend sind? Dass die Kirchen jederzeit bereit waren, auch die blutrünstigsten und barbarischsten Regimes theologisch zu unterstützen, hat endgültig – nach den überwunden geglaubten Zeiten von Kreuzzügen etc. etc. – die Anbiederung der evangelischen wie der katholischen Kirche in Deutschland 1933/1934 an einen Psychopathen und Menschenverächter erster Sorte – klar er- kenntlich an seinen Reden – erwiesen: ohne wenn und aber. Die Kirchen haben dafür gesorgt, dass eine ergaunerte Herrschaft, noch heute „Machtergreifung“ geheißen, regelrecht geseg- net wurde – und heute verhandeln Antisemitismus-Beauftragte theologische Fragen, während >draußen< schon wieder randaliert, gezündet und geschossen wird. Unsere Antisemitismus-Beauftragten regen sich über banalste Verschwörungtheorien auf, weigern sich aber, verborgenen, raffi- niert eingesetzten Rassismus zu erkennen, wahrzunehmen und zu diskutieren. Das Muster ist: Wenn der Baum umfällt und kei- ner ist da, fällt er wirklich? So hat die Theologie (und nicht nur sie) nach dem 2. Weltkrieg den Holocaust >b(g)ewältigt<. Und dies obwohl dieser Rassismus als künstlerisch „Besonders wertvoll“ ausgezeichnet, mit öffentlichen Geldern gefördert, dreimal im Fernsehen ohne Kommentar gezeigt und an unse- ren Schulen und Bildungsstätten (Vision Kino, Planet Schule) als Lehrmaterial angeboten wird. Die Beauftragten, die gegen den Antisemitismus, der auch Rassismus ist, vorzugehen haben und deshalb die Ämter bekleiden, fördern versteckten Rassismus und Antisemitismus und zeigen sich Fakten gegenüber als ignorant. Anders gesagt: Erst wenn die niederste Ebene von Denk-Unvermögen erreicht ist, kommt die Diskussion hoch. Auf welches Niveau wollen Sie, Herr Klein, Sie Herr Blume, noch herabfallen, um endlich zu erkennen, dass Ihr Amt nicht Theologie, sondern Denken, nicht Glauben, sondern Erkennen, Nachdenken und Aufklärung erfordert. Wir leben in einer Demokratie, in der Religionsfreiheit herrscht, was auch heißt, dass der Staat von Religion frei sein muss und dies auch von sei- nen Beamten mit Recht fordert. Uns interessiert nicht:
Auf diesen Verschwörungsmythos hereinzufallen, ist auch ein theolo- gischer Kardinalfehler. Gleichwohl möchte ich würdigen, dass der größte Teil der katholischen Theologie heute fest zu Wissenschaft und Menschenwürde steht. (Michael Blume, Antisemitismusbeauftrager, 14.12.2021; Quelle s.o.)
Wieso ist es möglich, dass Sie, Herr Blume, und Sie, Herr Klein, solche Mythen mit so viel Aufmerksamkeit diskutieren, es aber zulassen, dass unsere Kinder mit Filmen antisemitischer Tendenz >gebildet< werden dürfen. Der Film »Mackie Messer – Brechts Dreigroschenfilm« enthält, wie die FBW selbst zugestan- den hat, >stereotypische Darstellungen von historischen Persönlichkeiten< (hier: Nebenzahl), die der Naziterror als Juden verfolgt und vertrieben hat. Zudem enthält der Film mit historischem Anspruch als Leitmotiv (nach Richard Wagner) einen Schlager der Kraft-durch-Freude-Nazi-Bewegung von 1937, obwohl er die Jahre 1928-1931 als gespielten Zeitrahmen eindeutig festlegt (auch in den Titeln). Unpassenderweise wird dieses »Hoppla-Hoppla«-Liedchen, das einen >One-Night-Stand< zum Thema hat, mit Großaufnahmen des weiblichen Hinterns und als krönender >Schlussgag< eingesetzt. Die FSK gab den Film ab 6 Jahren frei. Im Fernsehen lief er ohne weitere Hinweise auf den verfehlten Anspruch oder auf >freie Erfindung<. Auch gab es keinen Hinweis auf die vielen Sexismen, die damals (1928ff.) von den Nazis als »jüdischer Schmutz« öffentlich gebrand- markt wurden. Was ist von einer Expertenjury der DEUTSCHEN FILM UND MEDIENBEWERTUNG (FBW) zu halten, die weder die Filmgeschichte kennt noch sich kundig machte, welche historischen Hintergründe in diesem Fall wirklich vorlagen?
Wir fordern eine öffentliche Diskussion darüber, wieso es kommen kann, dass die FBW weder die Anachronismen des Films noch die antijüdische Nazi-Hetze gegen das Stück und seine historische Verfilmung von 1931 gekannt hat? Wir fordern eine öffentliche Diskussion darüber, wieso es kommen konnte, dass sowohl die Presse als auch die öffent- lich-rechtlichen Medien die Urteile, die der SWR als Selbstlob vorgab, ungeprüft übernahmen und Hinweise auf Irrtümer von sich wiesen (z.B. Süddeutsche Zeitung).
Oben: „Hoppla, Hoppla“- Liedchen im Nazi-Film „Die Warschauer Kapelle“
Unten: „Der Führer“ vom 11.03.31: Die Dreigroschenoper „Jüdisches Schmutzstück..“
„Mackie Messer- Brechts Dreigroschenfilm“ - Filmplakat von 2018: Nazimärsche und antisemiti- sche Stereotypen inklusive! Ausgezeichnet mit „Prädikat besonders wertvoll“ und FSK ab 6 Jahren
AntisemitismusBeauftragter Michael Blume
AntisemitismusBeauftragter Dr. Felix Klein
BRECHTLEBTAKTUELL 20. Dezember 2021
Appell an Polizei und Staatsanwaltschaft Antisemitismusbeauftragter Klein drängt Justiz zu hart- näckigeren Ermittlungen (SPIEGEL, 22.12.2021) – aber ihm mitgeteilte Fälle, wie den Film „Mackie Messer- Brechts Dreigroschenfilm“ von 2018, nimmt er sich nicht vor und lässt ihn weiterhin als Schulstoff durchgehen! Nach mutmaßlichen Anfeindungen gegen den jüdischen Musiker Gil Ofarim in einem Leipziger Hotel wird aufwendig ermittelt. Der Antisemitismusbeauftragte hofft, dass ein solches Vorgehen Schule macht. (https://www.spiegel.de/politik/deutschland/antisemitismusbeauftragter-felix-klein-draengt- justiz-zu-hartnaeckigeren-ermittlungen-a-307903bf-b00a-49cd-bc52-eb17ad377ae5) Antisemitismusbeauftragter Klein: »Gut, dass sich der Rechtsstaat des Falls Gil Ofarim annimmt«. »Ich würde mir aber wünschen, dass dieselbe Energie von Polizei und Staatsanwaltschaften auch bei anderen antisemiti- schen Verdachtsfällen aufgebracht würde. Und das waren allein 2020 rund 2200«, sagte Klein. Viele Ermittlungen würden stattdessen schnell wieder eingestellt. »Das höre ich von Betroffenen in jüdischen Gemeinden immer wieder.« Auch gebe es »immer noch Kirchenglocken in Deutschland, die in den 1930er-Jahren gegossen wurden und mit einem Hakenkreuz versehen sind. Diese Glocken läuten weiter.« Solche judenfeindli- chen Traditionen müssten noch stärker themati- siert werden, forderte Klein. Und wie, Herr Klein, ist es mit dem Kraft-durch- Freude-Hoppla-Hoppla-Glocken in einem Brecht-Film von 2018? Die läuten ziemlich neu und laut und im Film durchgehend. Aber die Experten-Jury hat sie nicht erkannt. Und Sie, der Fachmann, auch nicht. Was ist das für eine Art, dem Job nachzugehen und Verantwortung zu zeigen? Und was soll dann die folgende Aufforderung als Ausflucht, wenn offenbar Ihre Aus- und Fortbildung mangelhaft ist? »Oft wird der Antisemitismus auch gar nicht als solcher erkannt«, so der Antisemitismusbeauftragte. Darum werde die Bund-Länder-Kommission zur Bekämpfung von Antisemitismus und zum Schutz jüdischen Lebens im nächsten Jahr auf eine bessere Aus- und Fortbildung der Justiz dringen.
Aus SPIEGEL vom 22.12.2021
O F F E N E R  B R I E F
AKTUELL Offener Brief: Theologie oder Antisemitismus
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