BRECHTLEBTAKTUELL 20. Dezember 2021
AKTUELL Mit „Schalömchen“ gegen Antisemitismus
O F F E N E R B R I E F
Lieber Herr Wysocki, Sie waren immerhin der Einzige der Beamten, der sich offiziell um die Sache bemüht hat. Sie haben auf meine Schreiben so reagiert, dass ich annehmen durfte, wir kämen in eine wirkliche Diskussion. Und dies obwohl ich nicht Sie, sondern Ihren Herrn angeschrieben hatte, der es offenbar unter seiner Würde findet, mit einer >Privatperson<, die ich AUCH bin, in direkten Kontakt zu treten - aber ständig dazu aufruft, dass die >andere Seite< dies gefälligst tut, um was zu erreichen? Dass wir uns in theo- logische Fragen vertiefen? Sie, lieber Herr Wysocki, wie Ihr Herr, haben ein politisches Amt inne und haben dies auch als solches zu betreiben und nicht danach zu forschen, was die >Juden< (die Sie of- fenbar auch nicht genauer zu definieren wissen) alles >Gute< in der Geschichte getan haben. Es geht inzwischen um offenen und gewalttätigen Antisemitismus und die Frage danach, welche christlich-politische Tradition innerhalb unserer Demokratie dazu beigetragen hat, dass wir jetzt - nachdem wir endlich die Mauer beseitigt haben - wieder Mauern bauen, zum Beispiel mit bewaff- netem >Heimatschutz<. Diese Einrichtungen, die so nebenbei mit viel Schein-Grün und Baumumarmung mit den alten Schlagwörtern errichtet werden, und die vielen anderen >Rechtslastigkeiten< unserer po- litisch Verantwortlichen haben Sie nie thematisiert oder zur Diskussion gestellt. Ich darf Sie daran erinnern, dass ich Ihnen einen Text für den Podcast von Herrn Blume zugeschickt habe, dass Sie den Eingang und die Eignung des Textes bestätigt, dann aber jede Kommunikation eingestellt haben. Es schien, dass Sie als "Geisteswissenschaftler" bereit sein könnten, der Sache auf den Grund zu gehen. Ich war nicht davon ausgegangen, dass Sie gleich beleidigt sind, wenn ich Ihre Hinhaltetaktik mit ein wenig Humor moniere. Überdies meinte ich, dass Sie verstehen, dass ich kein ANLIEGEN habe – was etwas Persönliches wäre. Ich habe Sie vielmehr in einer ANGELEGENHEIT informiert, die alle angeht, übrigens auch Michael Blume (damit wir ihn nicht ver- gessen). Sie haben jedoch mit Ihrem >beleidigten Schreiben< vom 23. Juli 2021 die Kommunikation eingestellt und sich damit offenbar in den Kreis der Ignoranten begeben. Deshalb richte ich an Sie direkt diesen offenen Brief, den ich gleichzeitig an die mir zugänglichen poli- tischen und kulturellen Ämter in dieser Angelegenheit schicke, um noch einmal deutlich zu machen, dass es sich um einen öffentlichen Skandal handelt, der – so zeichnet es sich immer mehr ab –offen- bar inzwischen von allen Seiten ignoriert wird, weil er unangenehme Fragen aufwirft. Dagegen re- agieren Sie sofort, wenn eine scheinbar hohe Person unsinnige Verschwörungstheorien absondert. Da wäre Schweigen angebracht, weil wir mangelndes Denkvermögen für eine private Sache halten und sie nicht als theologisches „Anliegen“ breittreten sollten. Für mich ergibt sich immer mehr das Bild, dass unsere Antisemitismusbeauftragten sich vor allem darum kümmern, den jüdischen Glauben zu fördern. Dabei geht es längst um diese Fragen: 1.Welche Zusammenhänge bestehen zwischen Glaubensfragen und politischen Machtinteressen? 2.Welche Sonderstellungen genießen – gegen das Grundgesetz – die christlichen und zum Teil auch die jüdischen Kirchen in unserer Gesellschaft? 3.Welche Parteien sind es, die diese Sonderstellung unterstützen und für ihre Politik nutzen? 4.Welchen Einfluss haben unsere christlich-jüdischen Kirchen auf die Politik? 5.Wieso dürfen sie regelmäßig die öffentlich-rechtlichen Sender für ihre "ANLIEGEN" benutzen („Anstöße“, Morgengedanken, Wort zum Sonntag; Gottesdienste; Gedenkfeiern etc. etc.)? 6.Warum muss es an den Schulen konfessionellen Religionsunterricht geben, der die Kindern (nach- weislich) verstört und entzweit? 7.Warum genießen die Kirchen, vor allem die katholische, Sonderrechte, und warum werden ihre >vermutlichen< Verbrechen nicht vor ordentlichen Gerichten verhandelt? 8.Warum werden unsere Soldaten noch immer angehalten, vor roten Teppichen und bei Zapfenstreichen stramm zu stehen und den Helm zum Gebet abzunehmen? 9.Warum verehren wir immer noch den kriegerischen Reichsadler preußischer Traditionen und erset- zen ihn nicht durch die Friedenstaube? Wie Picasso vorschlug. 10.Welche Logik steckt dahinter, wenn 1991 ausschließlich die 3. Strophe des Deutschlandslieds als deutsche Nationalhymne beschlossen wurde. Sind damit die zwei vorangehenden Strophen einfach nicht mehr vorhanden – wie der Faschismus in der DDR, der jetzt als Rassismus und Antisemitismus wieder sein rauchendes Flammenhaupt reckt? 11.etc. 12.etc.
Jan Wysocki arbeitet im Staatsministerium Baden-Württemberg als wissenschaftlicher Referent. Dort un- terstützt er den Beauftragten der Landesregierung gegen Antisemitismus bei seiner Arbeit, organisiert Fachtagungen und hält Vorträge und Workshops in Bildungseinrichtungen oder bei zivilgesellschaftlichen Institutionen.
Berlin. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, hat die jüngsten Äußerungen des früheren Regensburger Bischofs, Kardinal Gerhard Ludwig Müller, zur Corona-Krise scharf kritisiert und die Kirchenleitung zu einer Distanzierung aufgefordert. „Es bedarf einer klaren, unmissverständlichen Distanzierung von den verantwortungslosen Äußerungen Kardinal Müllers durch die katholische Kirche“, sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Gerade auch der Vatikan ist hier gefordert.“ Klein betonte: „Die Corona-Pandemie verlangt uns als Gesellschaft viel ab, sie stellt uns vor Herausforderungen, die wir bislang in dieser Dimension nicht kannten. Niemand bleibt von den Folgen ausgenommen, alle sind betroffen.“ Deshalb müsse der gesellschaftliche Zusammenhalt jetzt mehr denn je gestärkt werden. Was hat der Vatikan in Deutschland zu suchen, wenn ein deutscher Bischof öffentliche Unruhe in Deutschland stiftet und sich auf die Seite der Rassisten schlägt????????? Am Dienstag hatte der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, gegen- über katholisch.de betont: "Kardinal Müller hat mit seiner Äußerung klar antisemitische Chiffren be- dient. Das war vor allem angesichts der derzeit aufgeheizten Stimmung verantwortungslos und nicht akzeptabel." Zuvor hatte sich bereits die DBK verwundert über die Aussagen Müllers geäußert. Der Stuttgarter Religionswissenschaftler Michael Blume verwies auf seine Warnungen davor, "dass auch kirchliche Autoritäten wieder Verschwörungsmythen verbreiten werden". Die Schwelle dazu sehe er "bei Kardinal Müller jetzt erreicht", sagte Blume. (tmg) https://www.katholisch.de/artikel/32378-absei- tige-meinung-eines-abseitigen-kardinals-mueller-in-der-kritik Warum darf ein Kardinal in Deutschland offen gegen Juden hetzen (Vorschlag für die Übersetzung von: "klar antisemitische Chiffren bedient"), ohne zur Rechenschaft gezogen zu werden? Warum geben unsere Antisemitismus-Beauftragten rassistischem Schwachsinn die Stimme ihrer Empörung, wenn sie in eklatanteren, aber schwierigeren Fällen schweigen? Warum fordern sie dann nicht we- nigstens politische Konsequenzen statt Distanzierung? Oder sollen die Schafe unserer Religionshirten doch nur die Kälber auf dem Weg zu ihrem Metzger sein? Wie schon damals? Sie wissen schon. Der Anhang gehört zum Brief. Ich grüße Sie! Ihr Jan Knopf ANHANG: Betr.: „Mackie Messer – Brechts Dreigroschenfilm“ (2018): Fakes im Abspann und im Presseheft Sehr geehrter Herr Gniffke, wir haben uns kurz auf den Hörspieltagen im ZKM kennengelernt. Als ich Sie auf die Problematik des „Dreigroschenfilms“ im Ihrem Haus, des SWR, hingewiesen habe, haben Sie nicht zugehört. Hiermit zeige ich Ihnen eine – vermutlich gezielte – Fehlinformation an, die ich damals noch nicht kennen konnte. Sie muss aber von Seiten der Hauptverantwortlichen im SWR geklärt werden – u.a. vertreten durch Ihren Vorgänger Peter Boudgoust, der diesen Film im Presseheft zu seinem „Herzensanliegen“ erklärt hat. Da der Film auch in wissenschaftlichen Analysen Beachtung findet, wäre es nicht nur unredlich, sondern auch zumindest ordnungs-, wenn nicht rechtswidrig, wenn in Beiträgen, die wissenschaftliche Fakten verhandeln, vorgefertigte Fakes weitergereicht würden. Wie Sie aus den Dokumenten ersehen können, hat der SWR als „Wissenschaftliche Beratung“ die Musikwissenschaftler Dr. Jürgen Schebera und Dr. Joachim Lucchesi angegeben. Im Presseheft haben Sie bzw. der SWR unterschieden zwischen „Wissenschaftliche Quellen“ und „Wissenschaftliche Beratung“. Daraus geht eindeutig hervor, dass diese Beratung durch Personen, also die genannten Beteiligten, und nicht anonym, wie das für Quellen gilt, erfolgt ist. Also muss zu klären sein, ob die Personen dabei waren oder nicht.
Da weitere Personen für die „Juristische Beratung“, für „Recherche und Mitarbeit (SWR)“ und „Redaktionsassistenz (SWR)“ genannt sind (s. Kopien), müssen diese genannten Personen, die fast ausschließlich aus Ihrem Sender stammen, direkte Zeugen für die „Wissenschaftliche Beratung“ durch Lucchesi und Schebera gewesen sein. Hinzu kommen der Regisseur sowie die im „Stab“ ge- nannten Mitarbeiterinnen am Film sowie auch ein Teil der ausführenden Künstler, wenn Musikwissenschaftler herangezogen worden sind. Jetzt behaupten die beiden Wissenschaftler – und zwar öffentlich und inzwischen gedruckt im Dreigroschenheft 4/2021 (s. Kopie) –, dass sie weder „bei der Film- und Musikherstellung vor Ort“ gewesen seien, noch „etwas zu tun hatten“, nämlich mit der wissenschaftlichen Beratung am Film. Also ergeben sich die – für die Wissenschaft und für die Öffentlichkeit dringend notwendig – zu klärenden Fragen: 1.Können Sie die Aussagen von Schebera und Lucchesi bestätigen? Oder handelt es sich dabei um falsche – und damit vermutlich um vor- sätzlich falsche – Aussagen? 2.Wenn Schebera und Lucchesi mit Recht behaupten, mit dem Film und der „Verarbeitung“ der Musik nichts zu tun gehabt zu haben, wer ist dann verantwortlich dafür, dass die Namen im Abspann des Films und im Presseheft genannt sind? 3.Welche Gründe haben gegebenenfalls dazu geführt. 4.Wie kann es der SWR, also die Leitung des SWR, die persönlich im Presseheft als Herzens-Beteiligte auftreten und dem Regisseur höchste wissenschaftliche Kompetenz bescheinigen, zulassen, dass – gegebenenfalls – diese Fakes mehrfach dokumentiert sind und so als Fakten an die Presse weitergeben wurden. 5.Wer ist verantwortlich dafür, dass der Aufsichtsrat des SWR offen- bar in keiner Weise seinen Pflichten nachgekommen ist, die >Merkwürdigkeiten<, die diesen Film bereits während seiner Produktion begleitet haben, wenigstens zu überprüfen. Der Vorsitzende des Aufsichtsrats Hans-Albert Stechl war von mir ausgie- big informiert worden, hat es jedoch vorgezogen, meine Hinweise zu ignorieren. Ich gehe hier nicht auf die Einzelheiten der „Wissenschaftlichen Beratung“ des Films ein. Sie fällt bei auch nur oberflächlicher Betrachtung vernichtend aus. Hier geht um die Beantwortung von Fragen, um deren Auskunft ich Sie nicht nur bitte, sondern auch, wenn es sein muss – im Sinn wissenschaftlicher Redlichkeit –, von Ihnen fordern muss. Andersfalls wäre davon auszugehen, dass der SWR (und wer sonst noch) vorsätzlich und bewusst mit falschen Angaben arbeitet, die dann vielfach reproduziert als Fakten in die Geschichte eingehen bzw. bereits in die Presse eingegangen sind. Sollten die beiden >Berater< lügen, dann bitte gehen Sie gegen sie gerichtlich vor. Aber die Angelegenheit klarzustellen, ist erst einmal Ihre Aufgabe. Mit verbindlichen Grüßen Jan Knopf
Angeschrieben wurden außerdem: Ayse, Asar@hmwk.hessen.de – Hessisches Ministerium für Wissenschaft und Kunst K35@bkm.bund.de - Staatsministerin für Kultur und Medien (BUND) Gabriele Czornohuz@bmi.bund.de – Staatsministerium des Inneren und für Heimat (BUND) blume-religionswissenschaft@email.de – Michael Blume Jan Wysocki@stm.bwl.de – s.o. Mohr@fbw-filmbewertung.com – Dr. Gregory Mohr BAKlein@bmi.bund.de Volker.Schmidt@hmwk.hessen.de Kai Gniffke (SWR) Hans-Albert Stechl (SWR) info@jugendstiftung.de (Meldestelle für Antisemitismus // Demokratiezentrum BW) info@demokratiezentrum-bw.de (Demokratiezentrum BW) pressestelle@kultus.hessen.de
AKTUELL Theologie oder Antisemitismus