Gleich nach dem Erfolg der „Dreigroschenoper „ 1928 scherzte Bertolt Brecht: Dieser Satz von ihm werde bleiben. Stimmt. Er gewinnt immer dann seine Aktualität zurück, wenn die Zeiten „dunkel“ werden. Da treten die Beschwörer des BÖSEN auf. Denn das BÖSE nehme immer mehr zu. Corona? Folglich brauchen wir MORAL. Auch die, die gefressen werden, beweisen Moral, indem sie sich von den inkarnierten BÖSEN (Menschen) meist widerstandslos fressen lassen; denn die Verhältnisse sind seit Menschengedenken so.

Das BÖSE ist ein universaler Wert. Das ist Standard der Philosophie wie in der Mathematik die Einsicht, dass zwei plus zwei gleich vier ist. Wer das leugnet, liegt falsch. Brecht hat sich getäuscht. Brecht hat ein fundamental falsches Menschenbild. Brecht ist tot. Verkündet der Erzengel.


Dieser Unsinn, als neueste Philosophie verkauft (Namen spielen keine Rolle), macht in den „dunklen Zeiten“ von Corona ebenso die Runde, wie plötzlich alle Welt nach ethischen Werten und Grundsätzen ruft, obwohl alle wissen, dass Gewissen (und damit womöglich Moral) nur die haben, die sich nicht darauf berufen: Sie haben weder ihre Sprachrohre (weil sie sich vielleicht noch nicht einmal ein Smartphone leisten können) noch verfügen sie über Lobbyisten, die ihre „Sache“ ohne Moral verträten, aber ihren „Unterhalt“ damit verdienen.


Erzengel sind belanglos, überflüssig, außer der Zeit, sage ich, Jan Knopf, der Verfasser des Blogs aus Karlsruhe. Brecht lebt, und wie! Die Propheten beweisen seine Lebendigkeit stets neu; denn sie benötigen ihn, den Brecht, wie den Teufel

oder „das“ Böse.


Philosophie verhalte sich zur Wirklichkeit wie Onanie zur Geschlechtsliebe, sagt Brecht in einem öffentlich geförderten „Dreigroschenfilm“  von 2018, Prädikat: „Besonders wertvoll“. Wie die Verleiher versichern, verarbeitet der Film nur Originalzitate. Folglich ein weiterer Satz von Brecht, der bleiben könnte, wenn er denn nicht so antiquiert klänge (wer redet heute noch von „Geschlechtsliebe“?). Also wende ich mich dem „Studium der Realität“ zu und finde da ein Werk des Bertolt Brecht, das weltweit verbreitet ist und sich bereits so von seinem Autor gelöst hat, dass es auch ohne ihn wirksam ist und

folglich auch zu verqueren Zitaten verführt.


Ich, Jan Knopf, habe an der Verbreitung dieses Werks entschieden mitgewirkt; denn ein Werk das aus Buchstaben und Noten besteht, muss, um wirksam zu sein, haltbar verbreitet werden: auf dem Papier (im weitesten Sinn) und durch die mündliche Weitergabe im Zitat oder mit dem gesungenen Lied oder mit dem gespielten Dialog.


1972 habe ich über Brechts (und Johann Peter Hebels) Kalendergeschichten in Göttingen promoviert, 1974 im Auftrag von Heinz-Ludwig Arnold (text + kritik) die damalige Brecht-Forschung so aufgemischt, dass der Kröner Verlag von mir ein „Brecht-Handbuch“ verlangte. Da die damaligen Brechtologen mir gram waren, musste ich es allein schreiben (zwei Bände: 2 mal 500 Lexikon-Seiten), und zwar so, dass der traditionelle Kröner Verlag seine Seriosität nicht mehr gewahrt sah. Meine Nachfrage beim Suhrkamp Verlag beantwortete Siegfried Unseld, er müsse erst die Brecht-Erben fragen. Da Zensur nach GG 5 verboten ist, brachte es der Metzler-Verlag heraus in Zeiten (1980 und 1984), als noch kräftig nachgedruckt wurde (illegal). Der weltweite Erfolg der Raubdrucke (auch mit Goldschnitt) – in Korea (Süd) bereitete es ab 1986 die Demokratie mit vor – nötigte dann Siegfried Unseld gegen den Widerstand der Brecht-Erben, mich zum Herausgeber einer neuen Werkausgabe zu berufen.
































Diese 30-bändige Werkausgabe (über 20.000 Seiten in 33 Teilbänden) hat ihre eigene Geschichte – ab 1981 –, die ich im Laufe des Blogs noch mitteilen werde. Diese führte zur Gründung der Arbeitsstelle Bertolt Brecht (ABB), die in Karlsruhe im Februar 1989 noch vor der „Wende“ an der damaligen Universität Fridericiana (TH) eingerichtet wurde – mit dem Motto: „Wir haben viel Mühe, wir bereiten unseren nächsten Irrtum vor“. Die ABB hält mit ihrem einzigartigen Material noch eine Vielzahl von Dokumenten bereit, die vor allem für die Zwanziger Jahre noch viele – auch pikante – Überraschungen versprechen. Auch sie publiziere ich gegen alle Zensur-Versuche des Verlags und der gegenwärtigen Erben (auch die von Kurt Weill und der Ruth Berlau u.A.) in den kommenden Beiträgen dieses Blogs.


Die deutsch-deutsche Werkausgabe, 1985 vertraglich vereinbart als Kooperation des Aufbau-Verlags, Berlin/DDR, und des Suhrkamp Verlags, Frankfurt a. M., das „Jahrhundertunternehmen“ (NZZ), unter strenger Nicht-Beachtung einschlägiger Gesetze der DDR, liegt vor. Sie wird, auch wenn der jetzt allein verantwortliche Suhrkamp Verlag sie zwar noch anbietet, aber offiziell verleugnet, für die kommenden Jahrzehnte die allein maßgebliche Ausgabe des Weltklassikers und „Sprachgotts“ (Martin Andersen-Nexö) bleiben. Sie enthält Fehler und weist einige auf Sabotage beruhende „falsche“ Textgrundlagen auf. Da sie vom Suhrkamp Verlag nicht korrigiert werden, muss dieser Blog einspringen. Er wird die Fehler benennen und nachweisen sowie die gedruckten Texte der Ausgabe durch die in der ABB vorliegenden Dokumente ergänzen.


Als vorläufigen Kommentar zu den „dunklen Zeiten“, die plötzlich die „MASSEN“ durch Versammlungsverbot vereinzeln und damit viele Probleme bei den Einzelnen, plötzlich Vereinzelten, auslösen, wenn das ICH tatsächlich auf sein moralisches SELBST zurückgeworfen wird, setze ich an den Beginn des Blogs, gleichsam als Stammbucheintrag, diese Verse des Herrn Bertolt Brecht,

die er 1926 formuliert hat:


Und nicht schlecht ist die Welt

Sondern

Voll.


Brecht lebt, und wie! EDITORIAL 12.August 2020 Jan Knopf Bereits erschienene Beiträge im Brecht-Archiv Über Brecht Aktuell   Brecht Archiv   Theater&Film   Knopf über Brecht   Brechtiana   EXTRA   Auf einen Blick   Impressum