Verleger Jonathan Landgrebe: „ich habe, nach Stand der Dinge, keinen Anlass an Ihrer Schilderung zu zweifeln.“

..weiterhin so zu tun,  als sei gar nichts vorgefallen.“

Brief von JK an Jonathan Landgrebe, den Chef des Suhrkamp Verlags, in dem JK ein Gespräch mit JL über den nicht authorisierten, d.h. unrechtmäßigen, Abdruck des Stücks "Nachleben Brechts Beischlaf Auferstehung in Berlin" von JK anmahnt. Der Brief blieb trotz Einschreibens mit persönlicher Unterschrift des Empfängers – wie weitere Schreiben vorher – unbeantwortet. JK hat JL, den Chef des Suhrkamp Verlags, verständigt, dass er durch weitere Ignoranz sowohl den Inhalt bestätigt als auch sein Einverständnis signalisiert, dass JK seinen Brief der Öffentlichkeit zugänglich macht. Dies geschieht hiermit. JK dankt JL für die Druckfreigabe.


KIT-Campus Süd  |  Hertzstr. 16 – Gebäude 06.35 (Uni-West) 223, 224, 226  |  76187 Karlsruhe   1. Mai 2020



Herrn

Dr. Jonathan Landgrebe

Suhrkamp Verlag

Linienstraße 34

10178 Berlin


Sehr geehrter Herr Landgrebe,


da Sie und Ihre Verlagsangehörigen offenbar beschlossen haben, meine Mails und Schreiben zu ignorieren (abgesehen von der Mail Bomhoff), sehe ich mich nun doch veranlasst, Sie darauf hinzuweisen, dass einige Fragen zu klären sind, die eine Kommunikation zwischen UNS erfordern.

Zunächst halte ich fest, dass Sie inzwischen, wenn auch sehr indirekt und so umständlich wie nur möglich, zugegeben haben, dass der Text Nachleben Brechts Beischlaf Auferstehung in Berlin von mir und nicht von Heiner Müller stammt. Das heißt aber auch, dass der Text weiterhin durch Ihren (und meinen) Verlag in der Werkausgabe von Heiner Müller ohne meine Zustimmung vertrieben wird. Offenbar sind Sie nicht bereit, sich mit mir über diesen Sachverhalt zu verständigen.

Dieser Fall ist insofern eklatant, als die Herausgeber der Müller-Ausgabe den Erstdruck meiner Pardodie von 1990 gekannt und diesen sogar im Vergleich mit dem Nachlass-Dokument (von 1985) textkritisch kommentiert haben. Gleichzeitig jedoch erkennen sie nicht, dass der Erstdruck meines Textes unmissverständlich und eigentlich unübersehbar meine Verfasserschaft ausweist.

Hinzu kommt: Die Vorbemerkung des Herausgebers, also mein Einführungstext, versammelt so ziemlich alle abgenudelten Gemeinplätze des Schwachsinns, die bei solch vermeintlichen „Anlässen“ zitiert zu werden pflegen, wie zudem die gesamte Seite des Erstdrucks Autoren der illustren Sorte als angebliche Verfasser antreten lässt, die in solcher Eintracht noch nie zusammen gesehen wurden.

Die Frage darf erlaubt sein: Wie kann es sein, dass solch gravierende Zeichen „einfach“ übersehen werden konnten? Mögliche Antwort: Entweder wollten die Herausgeber der Werkausgabe Müllers ihre Inkompetenz in Sachen Edition unter Beweis stellen, was auch auf den Suhrkamp Verlag überhaupt kein gutes Licht wirft, oder der „Fehler“ verdankt sich Gründen, die zu eruieren und zu vertreten Sache des Verlags, also Ihre, wäre.

Da der Fall jetzt – aufgrund Ihrer Ignoranz meiner diversen vergeblichen „Vorstöße“, die Sache vorab und entre nous zu klären, – publik geworden ist, kann es kaum angebracht sein, weiterhin so zu tun, als sei gar nichts vorgefallen. Eine „Korrektur“ des Fehlers in späteren Auflagen kann ja wohl nicht Ihr Ernst sein. Heiner Müller ist kein Provinzautor, und die Wissenschaft ist längst mit Deutungen des Textes aktiv geworden. Überdies gilt: Dem „Wort“ aus meinem Text: „Der Geschichte gehen die Gäule durch“ sind bereits Flügel gewachsen und hat sich also selbstständig gemacht. Wie Sie das Problem lösen wollen, das werden Sie am besten wissen, jedenfalls nicht auf meine Kosten.

[… Auslassung; es ging noch um weitere Unkorrektheiten und Vertragsbrüche des Suhrkamp Verlags]

Folglich muss sich mir im akuten Fall – da der Verlag weiterhin auf Missachtung setzt – nun „endgültig“ der Eindruck einstellen, dass Ihr Vorgehen beim so genannten „Fehler“ in der Edition meiner Parodie innerhalb einer aufwändigen Müller-Gesamtausgabe auf Vorsatz beruht. Dessen Gründe sind mir nicht bekannt, und sie befänden sich vermutlich auch außerhalb der mir zugänglichen Rationalität.

[… „Der Geschichte sind die Gäule durchgegangen“, HM durch JK aus der gemüllerten Transzendenz]

Im 70. Jahr seines Bestehens scheint mir dies Verhalten im Hinblick auf einen der Grundpfeiler des Suhrkamp Verlags (den AUTOR Brecht und sein globales Werk) nicht besonders vorzeigbar zu sein.


Mit freundlichen Grüßen

Jan Knopf


Sehr geehrter Herr Knopf,


haben Sie Dank für Ihr Schreiben von Ende September an Herrn Dr. Landgrebe. Wir haben uns die Angelegenheit inzwischen ansehen können. So, wie Sie es schildern, wurde das Kurz-Drama "Nachleben Brechts Beischlaf Auferstehung in Berlin", bedingt durch ein Missverständnis bzw. den Fund des Textes im Nachlass, versehentlich in den Band der Werke Heiner Müllers aufgenommen. Er stammt jedoch tatsächlich, so sagen Sie, trotz der in der Volkszeitung existierenden Autorennennung, nicht von Heiner Müller, sondern von Jan Knopf. Ich habe, nach Stand der Dinge, keinen Anlass an Ihrer Schilderung zu zweifeln.

 Der Band Werke 6/ Stücke 3 der Ausgabe ist schon seit bald 20 Jahren auf dem Markt. Er ist mittlerweile nur noch in einer kartonierten Ausgabe auf Lager. Auch in der noch verfügbaren Ausgabe bewegen sich die Absätze im äußerst niedrigen Bereich. Wir würden für die verbleibenden Exemplare einen Errata-Zettel vorbereiten, der über die Umstände dieses Missverständnisses aufklärt. Kommt es zu einem Nachdruck, würden wir das Thema entsprechend berücksichtigen. Wir würden dies, in diesem Sinne, auch an die fremdsprachige Ausgabe weiterreichen.

Wir hoffen, damit Ihre Fragen beantwortet zu haben.


Mit freundlichen Grüßen

Felicia Bomhoff

Assistenz der Verlagsleitung │Assistant to the Publisher

Telefon: +49 30 740 744-102


Einzige Reaktion vom Verlag per mail (24.01.2020, 12.24 Uhr): Bereits erschienene Beiträge im Brecht-Archiv Über Brecht Aktuell   Brecht Archiv   Theater&Film   Knopf über Brecht   Brechtiana   EXTRA   Auf einen Blick   Impressum