Auf der rechten Seite steht die Fassung, die Brecht geschrieben hat. Auf der linken Seite steht die Fassung, die am meisten verbreitet ist; geschätzt: 2 Millionen Mal gedruckt (weltweit), unzählige Male zitiert. Die Unterschiede sind gering: ein halbes Wort, statt „-hang“ steht „-rand“, eigentlich nur zwei Buchstaben, und ein Satzzeichen: der Punkt am Ende des Verses. Die Wirkung ist gewaltig: Aus dem (unbeteiligten) Beobachter am Hang war der Insasse des Gefährts geworden:

ausgesetzt am Rand der Straße.


Die „falsche“ Fassung, die 1967 durch die werkausgabe edition suhrkamp zustandekam (durch ein Versehen des Setzers), hatte immense Folgen. Sie führte zu zahlreichen Nachdichtungen sowie dazu, Brecht (= lyrisches Ich) als den Fahrer (Knecht) ausbeutenden Herren zu brandmarken. (Fortsetzung folgt.)


Bertolt Brecht:

Der Radwechsel  von 1953:


Der Radwechsel


Ich sitze am Straßenrand

Der Fahrer wechselt das Rad.

Ich bin nicht gern, wo ich herkomme.

Ich bin nicht gern, wo ich hinfahre.

Warum sehe ich den Radwechsel

Mit Ungeduld?        

Der Radwechsel


Ich sitze am Straßenhang.

Der Fahrer wechselt das Rad.

Ich bin nicht gern, wo ich herkomme.

Ich bin nicht gern, wo ich hinfahre.

Warum sehe ich den Radwechsel

Mit Ungeduld?

 


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